Statement zu den Beschlüssen der ausserordentlichen Generalversammlung der Swiss Football League vom 20. Mai 2022
Zurzeit erreichen die Forschungsstelle verschiedene Anfragen für ein Statement bezüglich der beschlossenen 12er Liga und dem Play-off Spielmodus. Entsprechend sollen hier einige sicherheitsrelevante Punkte aufgeführt werden.
Aufstockung der Liga auf 12 Teams
Bei der Aufstockung der Super League von zehn auf 12 Teams wird viel davon abhängen, welche Teams letztlich an der Super League-Meisterschaft teilnehmen. Dabei gibt es offene Fragen, die sich auf die lokale Infrastruktur (Stadion) und die damit verbundenen Reisewege beziehen. Kurze Reisewege zwischen Bahnhof und Stadion, eine konsequente Trennung der beiden Fanlager und eine moderne Stadioninfrastruktur reduzieren die Wahrscheinlichkeit von aggressivem Verhalten der Zuschauer. Auch das Verhältnis zwischen den beiden Teams, die ein konkretes Spiel bestreiten, – mögliche Rivalitäten oder Derbys – ist ein Einflussfaktor.
Die Aufstockung bedeutet, dass neu sechs anstatt fünf Spiele pro Runde ausgetragen werden. Entsprechend steigt schweizweit betrachtet der Sicherheitsaufwand, wobei aber davon auszugehen ist, dass sich der Aufwand pro Spiel auf lokaler Ebene nicht verändern sollte (beispielweise für die Stadt Bern). Für die SBB als Transportpartner ergibt sich hingegen ein Mehraufwand im Hinblick auf Rollmaterial und Personal. Der konkrete Mehraufwand kann jedoch erst beziffert werden, sobald die einzelnen Teams feststehen. So reisen Teams mit einer kleineren Fankurve oftmals auch mit Bussen oder individuell zu Auswärtsspielen, während grössere Fankurven üblicherweise mit dem Extrazug unterwegs sind.
Play-Off Modus
Der gewählte Play-Off Modus, in welchem in einer letzten Runde (1) ein Championship-Final unter den besten beiden Teams der Tabelle in einem «Best-of-Three» Modus sowie (2) Europe Play-offs mit Viertelfinal, Halbfinal und Finalspiel zur Bestimmung der Teams für die europäischen Ligawettbewerte durchgeführt werden soll, scheint nicht unumstritten.
Gemäss Kenntnis der Forschungsstelle bestehen keine genauen Vergleichswerte zu einem solchen Modus. Im Hinblick auf die Play-Off Spiele kann aber davon ausgegangen werden, dass diesen eine grosse Bedeutung in der Saison zukommen wird. Dies kann gemäss vorliegenden Forschungsresultaten einen Einfluss auf die Auslösung von aggressivem Verhalten rund um Fussballspiele haben. Im Fussball kennt man dies vor allem von den Anhängern des verlierenden Teams und insbesondere bei Personen, die eine überaus hohe Identifikation mit ihrem Club bzw. Team aufweisen. Frustration oder emotionale Reaktionen können die Konsequenz sein, was die Wahrscheinlichkeit von aggressivem Verhalten erhöht. Es gibt jedoch Forschungsresultate aus den USA, die besagen, dass Krawalle auch bei den Anhängern des Siegerteams auftreten können. Das sei insbesondere dann der Fall, wenn es bereits länger her ist, dass das betreffende Team eine Meisterschaft gewonnen wurde, oder aber auch, wenn das Spielresultat knapp und spannend ausfällt.
Mit der hohen Bedeutung kann gleichzeitig eine Erhöhung der Anzahl Zuschauer für diese Play-off Spiele erwartet werden. Eine höhere Zuschauerzahl bringt Herausforderungen für alle involvierten Player mit sich. Dazu gehören die SBB, die in der Regel Extrazüge für die Gästefans stellen, andererseits aber auch die Polizei und der Heimklub, die sich erfahrungsgemäss mit einem grösseren Sicherheitsdispositiv aufstellen müssen. Gleichzeitig stellt dies auch die organisierten Fans vor eine Herausforderung. So ist zu erwarten, dass sich bei solchen Spielen Fans in der Kurve finden, die viele der bestehenden informellen Regeln nicht kennen und nicht in bestehende Fanstrukturen integriert sind. Das stellt die Selbstregulation der Fans auf die Probe. Ein mögliches Beispiel wäre, dass Personen Pyrotechnik verwenden, die sich nicht damit auskennen.
Ein Grossteil der organisierten Fans scheint gegen die Einführung des Play-Off Modus zu sein, was man auf Bannern anlässlich der vergangenen Spiele feststellen konnte. Wie sich in Vergangenheit zeigte, sind die Fankurven gut organisiert und miteinander vernetzt. Eine Reaktion mittels koordiniertem, kurvenübergreifendem Widerstand kann nicht ausgeschlossen werden.
Unter Berücksichtigung dieser Punkte kann im Sicherheitsbereich also von einem Mehraufwand durch die beschlossenen Entscheide ausgegangen werden. Die Erfahrung zeigt aber, dass es durchaus möglich ist, bedeutsame Spiele in einem friedlichen Rahmen durchzuführen. Die dargelegten Zusammenhänge haben lediglich Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines Auftretens. Unsere Forschung (wie auch Forschungsresultate aus dem Ausland) zeigt, dass das Risiko für aggressives Verhalten zu grossen Teilen über den konkreten, situativen Kontext mit den anwesenden Gruppen (bspw. Fans und Polizei) und ihrem Verhalten beeinflusst wird. Der fortwährende Dialog und der Einbezug aller relevanten Partner (inklusive Fans!) sind dabei von grosser Wichtigkeit.
Neben den hier dargestellten, sicherheitsrelevanten Überlegungen spielen sicherlich noch zahlreiche weitere Aspekte eine Rolle, die nicht Bestandteil dieses Statements bilden. Wir sind überzeugt, dass die SFL und ihre Clubs in engem Austausch mit allen Partnern die bestmögliche Umsetzung der getroffenen Entscheide gewährleisten wird. Dazu gehören insbesondere die lokalen Bewilligungsbehörden, die durch die im Hooligan-Konkordat verankerte Bewilligungspflicht für Fussballspiele der Super League das letzte Wort haben werden.
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